Donnerstag, 12. Februar 2004
Plattenkritik:
Bricht Du mir das Herz, dann brech ich Dir die Beine
von Olli Schulz & der Hund Marie
Bricht Du mir das Herz, dann brech ich Dir die Beine
von Olli Schulz & der Hund Marie
letterlabor, 14:53h
Heute Nachmittag liegt in irgend einem Briefkasten in den Haag das aktuelle Album von Olli Schulz und der Hund Marie, an die Adresse seines Plattenlabels, zusammen mit diesem Brief:
Lieber Olli Schulz,
heute schicke ich Dir Dein neues Album zurück. Ich finde es, muss ich sagen, furchtbar.
Ich hatte das Video zur Single "Der Moment" diverse Male im Musikfernsehen gesehen, und hatte das Album aufgrund wohlmeinender Besprechungen in der Fachpresse und der Meinung von Freunden bei Amazon bestellt, und das war wohl der Fehler: Normalerweise erwerbe ich meine Musik bei kleinen Indepentent Local Plattenläden in Stuttgart oder München, wo ich nicht nur exquisite Beratung und Auswahl finde, sondern auch die Möglichkeit habe, mir vor Ort eine Meinung zu finden. Aber ich bin ja grad in Den Haag, da is nix mit guten Plattenläden (not that i know of), und wenn, dann haben die ja sicher keine deutschen Platten, ne.
Naja, ich fand die Single zwar gut, aber leider war sie der einzige Song, den ich kannte, auch auf der Website des Labels war nur dieser Song zu hören.
Die recht ordentliche Qualität der Single, die guten Meinungen anderer Menschen, und schießlich mein Vertrauen in Dein Plattenlabel Grand Hotel van Cleef (deren Kettcar ich sehr schätze, und Tomte muss ich zwar nicht hören, aber man kann wenigstens drüber diskutieren, sowie deren Entscheidung, den Vertrieb für die hervorragenden Death Cab for Cutie zu übernehmen), all das zusammen einfach ließ mich sicher sein, einen guten Kauf getätigt zu haben.
Dann kam endlich das Päckchen von Amazon, und ich freute mich an der Anti-Ästhetik der Cover-Grafik, an zwei fetten Booklets.
Am Abend hab ich die Platte dann endlich mal anhören können, und war zutiefst bestürzt: Die Single "Der Moment" war, schien es mir, eingebettet zwischen Songs, deren Texte belanglos, Reime flach ("ein Song der gut klingt / und uns durch die Nacht bringt") und zu oft nur des Nuschelgesangs zustandekommend ("in den Räumen wo ich wohn' / zerreisse ich Schablon'n"), und deren Melodien mich wirklich an etwas erinnerten, was den musikalisch schlechten aber inhaltlich amüsanten Songs der Ärzte anhaftet, und alldieweil fühlte ich mich auch auf Unangenehme weise an Pur erinnert.
Die Sachen sollen "befindlichkeitsfixiert" a la Kettcar, und amüsant wirken, und das ist auch gut gemeint, funktioniert nur leider überhaupt nicht. Und wie Kettcar wussten: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.
Ich muss ja sagen, ich lad schon gerne mal illegalerweise Musik aus dem Internet runter, und kaufe dann alles, was mir gefällt, nach und nach nach, bis mein Budget sich verabschiedet. Wenn ich deine Platte im Internet gefunden hätte, und mir die Mühe gemacht hätte, sie runterzuladen, hätte ich sie nicht gekauft. Das ist zwar genau das, was die Musikindustrie immer verteufelt, aber, und das verteufele ich: jetzt hab ich ne CD gekauft mit der ich nichts, aber auch gar nichts, anfangen kann, weil ich auf dumme Marketingsachen reingefallen bin. Und echt, da soll sich lieber die Musikindustrie ärgern als ich.
Kurz und gut, und es tut mir leid, das sagen zu müssen, halte ich Dein Album für ziemlichen Mist. Und weil ja Amazon eine nicht mehr eingeschweißte CD nicht mehr zurücknimmt, und ich weiß nichts damit anzufangen, schick ich sie Dir einfach.
Bitte ärger Dich nicht über mich, krieg keine Sinnkrise, aber ignorier das auch nicht einfach.
Alles Liebe für die Zukunft,
Kai
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